Panta rhei „Alles bewegt sich und nichts bleibt“

Panta rhei „Alles bewegt sich und nichts bleibt“

Ich bin Wessi, Westberliner, eigentlich nur Rucksackberliner, komme ursprünglich aus Ostwestfalen, mit Umwegen über Hamburg, Italien und das Lipperland lebe ich nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit in Berlin. Ich bin alt! Ich kenne die S-Bahn noch als Reichsbahn, als sie nicht ständig ausfiel, Holzbänke hatte und lustige kleine Klappaschenbecher aus Metall, die begehrte Sammlerobjekte waren. Auch Raucherabteile in der U-Bahn habe ich noch erlebt. Aber da war ich erst 10 Jahre alt. Sonntags traf man sich auch gerne zum Frühschoppen auf dem Flohmarkt am U-Bahnhof Nollendorfplatz.

„1972 wurde der Hochbahnhof Nollendorfplatz gemeinsam mit der Strecke entlang der Bülowstraße zum Gleisdreieck stillgelegt, da das geringe Fahrgastaufkommen einen rentablen Betrieb nicht mehr möglich machte. Stattdessen zog auf den Hochbahnsteigen der Trödelmarkt „Berliner Flohmarkt“ ein, bei dem stillgelegte U-Bahnwagen als Verkaufsfläche genutzt wurden.“

Oder man traf sich in Joes Bierhäusern (den Originalen). Oder ganz nah, weil nur ein paar hundert Meter vom Elternhaus entfernt, im Loretta am Wannsee. Am Bahnhof Zoo bin ich früher oft ausgestiegen (als er noch richtig syphig war und der Dreck einen angrinste), Christiane F. kam auch gerade ins Kino. Aber so krass habe ich es zum Glück nicht erlebt. Als ich 16, 17, 18 Jahre alt war, bin ich durch die „Big Edens“ gezogen, war in der Bhagwan-Disco „Far Out“, habe im „Linientreu“ New Wave gehört und im „Kudorf“ – da konnte man damals wirklich noch hingehen – hat man dann die entsprechende Discomusik gehört.

Ja, wir haben den Ku’damm unsicher gemacht! In der Spiel- und Daddelbude „Alices Wonderland“ habe ich ab und zu meine 1,- und 2,- DM-Münzen in einen internationalen Karate-Automaten gesteckt. Dort lieferten sich mein damaliger Kumpel Carsten und ich die wildesten Kämpfe.

Bei „City Musik“ kaufte ich damals auch meine ersten Marillion LP’s, fand auch das eine oder andere andere musikalische Schätzchen. Die ersten Alben von Duran Duran und David Bowie gingen über den Ladentisch, gefolgt von Jean Michel Jarre, Falco, Alphaville, Talk Talk und Co.

Kino gab es im „Zoo Palast“, aber wir fanden das „Marmorhaus“ besser! Dort die neuesten Filme zu sehen, war einfach cool. Man hat auch gerne mal die ganze Nacht im Kino verbracht. Nachdem wir uns vorher im „Caravan“ mit Döner und Bier gestärkt haben, sind wir in die „Lange Nacht im Marmorhaus“ gegangen. Das war immer für eine filmische Überraschung der besonderen Art gut. Da habe ich teilweise Filme gesehen, die keiner kennt und Filme, die man auch nicht mehr sehen will. Ansonsten waren wir auch mal in der Filmbühne Wien. Morgens um 6:00 Uhr dann noch einen Kaffee im „Presse-Cafe“ am Zoo schlürfen, um dann endlich mit dem 66er (ein Doppeldeckerbus der BVG) über die Avus nach Hause Richtung Wannsee zu fahren. (Dazu muss man wissen, dass Bahnen und Busse damals nachts nicht fuhren. Und wenn, dann dauerte es Stunden).

Berlin verändert sich!

Nach der Wende natürlich extrem und extrem schnell. Das Ku’damm-Eck neu, wer kennt noch das Panoptikum? Und soll ich es verraten? Im Europa-Center habe ich Schlittschuhlaufen gelernt. Ja, da gab es früher auch mal eine Eisbahn. Aber das ist lange her. Apropos Europa-Center: Wo heute der Wasserklops ist, war früher eine Straße und in einem Seiteneingang des Europa-Centers gab es das beste Schawarma Berlins. Weiter geht es mit dem Kranzler Eck – neu, Bikini Haus – neu … Zoo Palast etc. Alles neu! Der markanteste Punkt ist jetzt das Waldorf Astoria. Ich kann mich gar nicht mehr so genau erinnern, was da vorher war? War das Bilka oder Teppich Kibek? Nein, richtig, Bilka ist jetzt Karstadt Sport. Und im Mai 2013 hat der erste Berliner Apple Store am Ku’damm eröffnet.

Berlin verändert sich ständig!

Warum auch nicht? Es hat sich doch in den letzten hundert Jahren auch verändert. London sieht heute auch nicht mehr so aus, wie ich es aus den Achtzigern kenne, New York hat und wird ein neues Gesicht bekommen. Es ist nur manchmal seltsam, wenn man heute an Orten ist, die man als Kind und Jugendlicher noch ganz anders kannte.


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